RSV Kostheim 1904 – 

Rückblick auf über 100 Jahre Vereinsleben

 

Von den Anfängen

 

Am Anfang war das Laufrad, ein für die damalige Zeit Anfang des 18. Jahrhunderts eher futuristisch anmutendes Fortbewegungsmittel seines Erfinders Freiherr von Drais, welches im Laufe der Zeit schnell zu dem weiterentwickelt wurde, was es heute darstellt.

Schon früh entwickelte man den Gedanken, das Fahrrad nicht nur als reines Fortbewegungsmittel sondern auch als Sportgerät für Wanderfahrten aber auch für artistische Darbietungen zu gebrauchen, was schließlich zur Bildung des ersten deutschen Radsportverbandes im Jahr 1884 führte. Dieser Verband mit seinen angeschlossenen Vereinen blieb in der damaligen Zeit den Arbeiterkreisen eher verschlossen, was im Jahr 1896 dazu führte, das der Arbeiter- Radfahrerbund „Solidarität“ aus der Wiege gehoben wurde. Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich dieser Verband, auch nicht gestoppt durch den ersten Weltkrieg, zu einem mitgliederstarken Bündnis und stellte schließlich in den 30er Jahren den stärksten Radsportverband weltweit.

 

Auch in Kostheim gab es Radsportanhänger, die sich acht Jahre nach Bildung des Bundes  zum Radfahrerverein „Solidarität“ zusammenschlossen. Der Grundstein für eine bewegte und erfolgreiche Vereinsgeschichte war gelegt.

Obwohl anfangs der Sport noch auf Straßenfahrrädern ausgeführt wurde, konnte man später reine Sporträder anschaffen, mit denen sich das artistische Potential der Sportler umfangreicher ausschöpfen ließ. 

Bereits nach einigen Jahren zeigte sich ein beachtliches Leistungsniveau und die Mannschaften des Vereins etablierten sich auf Bezirks- und Landesebene. Durch die sportliche Zwangspause im Weltkrieg wurden die Aktivitäten zwar gestoppt, doch nach den harten Jahren ging es wieder aufwärts. Nach dem Gewinn mehrerer Meistertitel auf Bezirks- und Landesebene konnte 1929 der erste Deutsche Meistertitel in Berlin errungen werden. Der Titelgewinn wiederholte sich im Jahr 1931 bei den Meisterschaften in Halle. Die erfolgreiche Mannschaft im Sechser- Einradreigen wurde gebildet durch die Sportkameraden Höflich, Koch, Juli, Klotz, Brunnenstein und Eimer. 

 

Eine äußerst harte Bewährungsprobe für die Ideen und den Geist des Radsportes folgte ab dem Jahr 1933, als durch das an die Macht gekommene Naziregime alle Arbeitersportvereine verboten wurden und deren gesamtes Inventar und Vermögen der Beschlagnahme unterlag, was faktisch das Ende des Kostheimer Vereinsradsportes bedeutete. Doch die Hingabe zum Radsport war ungebrochen, was schließlich im Jahr 1935 zur Gründung des Radfahrerverein Kostheim unter dem Vorsitz von Johann Haxel führte. Zwischenzeitlich war es auch wieder gelungen, entsprechendes Radmaterial zu beschaffen, was den Sportlern die weitere Trainingsarbeit ermöglichte.

Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges mussten die Aktivitäten erneut beendet werden.

 

 

 

 

Wiederaufbau und erste Erfolge

 

In der Nachkriegszeit wurde allgemein der Aufbau von Sport- und Kulturverbänden vorangetrieben, denen sich die Vereine anschlossen. So wurde der Deutsche Sportbund gegründet, dem sich alle Vereine, auch die ehemaligen Arbeitersportvereine anschlossen. 

Die einzige Ausnahme bildete seinerzeit der Arbeiter- Radfahrerbund „Solidarität“, der sich eigenständig formierte und neben dem Bund Deutscher Radfahrer im organisierten Radsport agierte. Diesem Verband schloss sich auch der Kostheimer Verein als Ortsgruppe an, was in der Folgezeit erhebliche Schwierigkeiten aufwerfen sollte. 

Da der Deutsche Sportbund in jeder Sportart nur jeweils einen Fachverband zuließ, stand der Radfahrerbund „Solidarität“ mit seinen angeschlossenen Ortsvereinen sowohl national wie auch international außen vor.

 

Dessen ungeachtet wurde in Kostheim weiter unglaubliche Arbeit im Aufbau vorangetrieben.

Es wurden verschiedene Radsportdisziplinen wie Hochradfahren und Reigenfahren auf Ein- und Zweirädern schier unermüdlich trainiert. Einer Mädchengruppe im Einradfahren gelang der mehrfache Deutsche Titelgewinn.

So verging ab dem Jahr 1951 fast kein Jahr, in dem Kostheimer Radsportler, aber auch die Anhänger der zwischenzeitlich ins Leben gerufenen Motorsportgruppe,  bei Meisterschaften in der Spitze vertreten waren und beachtliche Erfolge erzielten.

 

Mittlerweile wurde in Kostheim auch Radball gespielt, einer Kampfsportart, der sich damals die jüngeren Sportler verschrieben hatten. Hier ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten, im Jahr 1954 wurde ein erster nationaler Titel nach Kostheim geholt. 

Fortan dominierte der Radballsport in Kostheim und wurde auf höchstem Niveau vorangetrieben.  

 

Nachdem sich die beiden nationalen Radsportverbände, unter Vermittlung des Deutschen Sportbundes, im Jahr 1958 zu einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zusammenfanden, war es auch Kostheimer Sportlern möglich, an den Meisterschaften des Bund Deutscher Radfahrer teilzunehmen.

Das in Kostheim bester Radballsport betrieben wurde, zeigte sich auf Anhieb mit dem ersten Jugendtitel durch Flackus/Wellinger und einem elfen Platz in der Aktivenklasse durch Weiner/Weyer beim Start der gesamtdeutschen Meisterschaft in Saarbrücken im gleichen Jahr.

Von diesem Zeitpunkt an waren Kostheimer Radballmannschaften auf jeder Deutschen Meisterschaft vertreten.   

Nachdem man sich innerhalb des Vereines auch für die Teilnahme an den Wettbewerben des Rasenradballspiels entschlossen hatte, gelang auch hier auf Anhieb ein großer Erfolg. Nach dem die sechs Kostheimer Radballer alle Qualifikationshürden gemeistert hatten, lagen sie im Teilnehmerfeld der 15 Mannschaften bei der Deutschen Meisterschaft in Wolfsburg 1962 ganz vorne.  

Die Titelverteidigung im darauffolgenden Jahr wurde durch einen weiteren Tiefschlag in der Vereinsgeschichte des Kostheimer Radsportvereins vereitelt, der ausschließlich auf sportpolitische Hintergründe zurückzuführen war. Die Arbeitsgemeinschaft wurde aufgelöst und Kostheim, als Verein „Solidarität“, war vom gemeinsamen Deutschen Radsport ausgeschlossen.

Bei den innerhalb des eigenen Verbandes ausgespielten Meisterschaften, im Zweierradball in der Halle und im Sechserradball auf dem Rasen, wurden fortan alle Titel nach Kostheim geholt. Mehrmals belegten Kostheimer Sportler auch noch zweite und dritte Plätze der Titelkämpfe.

 

 

 

Ein Verein am Scheideweg

 

Bei den Verantwortlichen in Kostheim stellte man sich nun die Frage nach dem Wert eines Titels in einem Radsportverband, der vom Deutschen Sportbund nicht anerkannt war. Das die bestehende Situation dem Radsport nicht dienlich sein konnte, sollte die Triebfeder für den unermüdlich kämpfenden Kostheimer Vorsitzenden Ernst Flackus werden, der sich bei allen sich bietenden Gelegenheiten für einen Einheitsverband einsetzte.

Nachdem Ernst Flackus 1964 zum Vizepräsidenten der „Solidarität“ gewählt wurde und er in den Bundesvorstand einzog trug sein Bestreben Früchte. Es kam 1965 zur Gründung einer weiteren Arbeitsgemeinschaft der beiden Verbände.

Man war auf einem guten Weg der Zusammenführung als sich abzeichnete, dass der Verband „Solidarität“ in seiner Mehrheit keine Zusammenführung wollte, sondern sich als zweiter Fachverband im Deutschen Sportbund etablieren wollte.

Nun erkannte man in Kostheim, dass man Gefahr lief, in einem zentralistisch aufgebauten Verband Mitglied zu werden, der dem Streben seiner Mitglieder hindernd im Wege stehen könnte.

Die Vereinsleitung, allen voran der Vorsitzende Ernst Flackus, zogen eine eigenständige Eintragung im Vereinsregister in Erwägung, die nach einer Mitgliederversammlung am 12. Januar 1964 beschlossen wurde. Durch geschickte Argumentation gelang es auch, die vorgeschriebene Genehmigung des Bundesverbandes zu erhalten, was schließlich zur Eintragung im Vereinsregister unter der Nummer 1524 am 04. Juli 1966 beim Amtsgericht Wiesbaden führte.

Der Radsportverein „Solidarität“ Kostheim war somit eigenständig geworden, Herr über das vorhandene Sportmaterial und des sonstigen Vermögens.  

Somit war ein großer Schritt in Richtung Verbandswechsel absolviert, der aus sportlicher Sicht der Kostheimer Verantwortlichen unabdingbar war.

Dass man in der Betrachtungsweise der sportpolitischen Hintergründe richtig lag zeigte die neuerliche Auflösung der Arbeitsgemeinschaft der Verbände im gleichen Jahr, da mittlerweile deutlich zum Ausdruck kam, dass sich Einigung nicht erzielen ließ. 

In Kostheim war man wiederum vom gesamtdeutschen und internationalen Sport ausgeschlossen.

Im Rahmen der Deutschen Meisterschaft der „Solidarität“ 1966 in Böblingen kam es zu einer durch alle anwesenden Spitzensportler verfassten Resolution wonach man einen Übertritt zum Bund Deutscher Radfahrer anstrebte, falls die Verhandlungen um einen Einheitsverband nicht fortgeführt werden. Diese Aussage wurde von den Verantwortlichen des Verbandes „Solidarität“ in den Wind geschlagen und als Erpressung und Rebellion bezeichnet.

Für die Kostheimer Radsportler kam ein weiteres Kapitel bewegtes Vereinsleben hinzu, indem die Radballspitzenmannschaft Wolfgang Flackus/Klaus Bernais um die vorübergehende Freigabe zum Radfahrerverein Mainz- Hechtsheim ersuchten, einem Verein, der dem Bund Deutscher Radfahrer angeschlossen war. Der Freigabe wurde stattgegeben, nachdem beide Sportler versicherten, nach Klärung der Lage wieder nach Kostheim zurückzukehren. Beide Sportler blieben Mitglieder im heimischen Verein und trainierten auch in Kostheim. Dadurch wurde der Trainingsbetrieb aufrechterhalten, wovon auch die anderen Kostheimer Mannschaften profitierten und weiter erfolgreich im Bereich der „Solidarität“ ihren Sport betrieben.

Flackus/Bernais errangen bereits bei ihrer ersten Teilnahme 1967 den Deutschen Titel beim Bund Deutscher Radfahrer.

 

Innerhalb des Vereines wurde der Übertritt zum Bund Deutscher Radfahrer vorbereitet. So wurde auf der Jahreshauptversammlung im Januar 1967 beschlossen, dass man sich dem Bund Deutscher Radfahrer anschließen werde, sofern es nicht zur Zusammenführung beider Verbände kommen sollte.

Im Oktober des gleichen Jahres wurden die gestellten Anträge zum Einheitsverband im Rahmen des Bundestages der „Solidarität“ abgelehnt. Somit kam es zur Bildung einer Verhandlungskommission, die den Übertritt und die Gleichstellung einzelner „Solidaritäts“- Vereine und deren Sportler auf der Basis eines Grundsatzprogrammes  regelte. Kein Sportler oder Mitglied eines Vereins sollte durch den Wechsel einen Nachteil erfahren, lautete die feste Zusage der Kommission.   

Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 29. Oktober 1967 des Kostheimer Radsportvereines wurde der Übertritt eingehend debattiert. Letztlich sprach sich eine große Mehrheit der Mitglieder für den Übertritt aus. Um auch hier größtmöglichen Rückhalt und Einigkeit im Verein herbeizuführen, gingen die Verantwortlichen um Ernst Flackus den ungewöhnlichen Weg, nicht anwesende Mitglieder einzeln zu der bereits in der Versammlung beschlossenen Handlungsweise zu befragen. Nur ein verschwindend geringer Teil der Mitglieder quittierte den Übertritt mit dem Austritt aus dem Verein, was durch Neueintritte bald kompensiert wurde.

Zum 01. Januar 1968 war das Ziel des Vereins, für das sich Ernst Flackus über Jahre hinweg mit aller Kraft einsetzte, erreicht. Der sportlich wichtige Übertritt zum Bund Deutscher Radfahrer war vollzogen. Die Auswirkungen haben sich bis zum heutigen Tag nur vorteilhaft für den Kostheimer Verein ausgewirkt.

 

 

Sportlich auf dem Höhepunkt

 

Als Ende 1968 Flackus/Bernais sportlich von Mainz- Hechtsheim zurückkehrten, begann für die Mannschaft eine Karriere im Weltspitzenradball, die bis zum heutigen Tage unerreicht ist.

Nach den Titeln 1967 und 1968 errangen die beiden Ausnahmesportler bis 1976 in Folge insgesamt 10 Deutsche Meisterschaften. In den Jahren 1972 bis 1976 gab es Titelerfolge im Bundespokalwettbewerb. 

Beim ersten internationalen Auftritt, dem Europa- Cup- Finale 1968 in Feldkirch, erreichten Wolfgang Flackus und Klaus Bernais einen dritten Platz, im Jahr darauf folgte in diesem Wettbewerb der erste Titelgewinn, der 1971 in Brünn und 1974 in Schwäbisch-Gemünd wiederholt werden konnte. Zwei Vize-Titel und zwei weitere dritte Plätze rundeten die erfolgreiche Bilanz ab.

Unvergessen in der Radballfachwelt sind die Duelle in den Jahren 1969 bis 1976, wo Flackus/Bernais sich bei Weltmeisterschaften nur den Brüdern Pospisil beugen mussten und acht Vize-Weltmeistertitel nach Kostheim holten.

Die Krönung der stolzen Bilanz der Kostheimer Mannschaft war schließlich die Verleihung des „Silbernen Lorbeerblattes“, der höchsten Deutschen Sportauszeichnung, durch den damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel im Dezember 1975.

Die Mannschaft beendete schließlich ihre Karriere nach den Titelkämpfen 1976, fortan war Klaus Bernais jahrelang als Bundestrainer Radball dem Sport auf  höchster Ebene verbunden.

Ein Comeback im Jahr 1981 endete mit einem beachtlichen dritten Rang bei den Deutschen Meisterschaften in Oberursel, ein weiterer dritter Rang folgte 1983 in Moers und in den gleichen Jahren jeweils ein dritter und zweiter Rang im Pokalwettbewerb. 

 

Im Sog der Spitzenmannschaft zog es weitere Sportler auf höchstes Niveau. So war der Radsportverein Kostheim zeitweise in den 70er Jahren mit drei Mannschaften in der Radballbundesliga vertreten, Klaus Schneider/Erwin Schmitt und Emil Weyer/Rolf Juditzki hielten den Anschluss. 

Besonders Klaus Schneider und Erwin Schmitt demonstrierten bereits 1976 bei der DM in Ulm ihre Stärke, als sie mit dem dritten Platz neben ihren Vereinskameraden Flackus/Bernais auf dem Podest standen.

Nach den Vize-Meisterschaften 1977 und 1978 und den dritten Rängen 1979 und 1980 gelang Schneider/Schmitt 1981 die Deutsche Meisterschaft, wobei diesmal Flackus/Bernais den Kostheimer Triumph auf dem Treppchen abrundeten.

Im Pokalwettbewerb gelang neben drei Vize-Titeln in den Jahren 1978, 1979 und 1982 der zweimalige Titelerfolg 1980 in Langenselbold und 1981 in Naurod. 

Zweifellos der größte Erfolg für Schmitt/Schneider waren die beiden dritten Plätze, die sie in den Jahren 1978 und 1981 bei den Weltmeisterschaften erringen konnten.

 

Mittlerweile hatte sich der Radsportverein Kostheim durch seine Erfolge auf höchster Ebene längst als Radballhochburg etabliert und genoss national und international einen hohen Ruf.

Das man im Bund Deutscher Radfahrer längst Fuß gefasst hatte bewies nicht nur die anerkannte Arbeit des unermüdlichen Vereinsvorsitzenden Ernst Flackus im Verband sondern auch die Ernennung des Kostheimer Vereinsmitgliedes Hans Rudolf im Jahr 1975 in das Amt des Bundesfachwart Radball im Bund Deutscher Radfahrer, welches er bis 1985 innehatte. 

Hans Rudolf war bereits 1968 bei der Weltmeisterschaft in Kassel als Schiedsrichter eingesetzt und als Schiedsrichterobmann im Verband tätig.

 

Ein weiterer Meilenstein des sportlichen Erfolges begann mit der Einführung des Fünfer-Hallenradball, einer Sportart, die den bisherigen Sechser-Rasenradball ablösen sollte, in der Kostheimer Mannschaften lange Jahre mit der Erringung einiger Deutschen Meisterschaften höchst erfolgreich war.

Nach einem Vize-Titel in der ersten Saison gelang es der Mannschaft in der Besetzung Wolfgang Flackus, Erwin Schmitt, Klaus Schneider, Rolf Juditzki, Emil Weyer sowie Volker Bernais und Horst Eckert erstmals, bei der Deutschen Meisterschaft in Krofdorf 1978 auch diesen Titel zu gewinnen. In den Jahren 1979 und 1981 wurde dieser Titelgewinn wiederholt, ein weiterer Vize- Titel bildete zunächst den Abschluss dieser Ära 1984 in Naurod.

 

Nicht nur in der nationalen und internationalen Spitze waren die Kostheimer Radballer vertreten. Auch der Unterbau in den nachfolgenden Klassen und im Schüler- und Jugendbereich war vorhanden und erreichte beachtliche Erfolge. So wurden in den 70er und 80er Jahren Landesmeister- und Bezirksmeistertitel in fast allen besetzten Klassen eingefahren, der Radsportverein Kostheim etablierte sich mit seinen jungen Mannschaften auch im Landesverband Hessen als Spitzenverein.

 

 

Jahre des Umbruchs

 

Mitten hinein in die Glanzzeit und die sportlichen Höhepunkte des Radsportvereins Kostheim 

brach der Tod des langjährigen Vereinsvorsitzenden Ernst Flackus, ein Jahr nach dem 75. Vereinsjubiläum im Jahr 1980. Ernst Flackus in seiner unermüdlichen und kämpferischen Art hatte den Verein bis zu diesem Zeitpunkt geprägt und wesentlich aufgebaut.

Zu seinem Gedenken wurde das alljährlich in Kostheim veranstaltete Radballturnier „Großer Preis von Kostheim“ in „Ernst-Flackus-Gedächtnis-Turnier“ umbenannt.

Der Verein wurde fortan unter dem Vorsitz von Jürgen Henne geführt, wobei das Augenmerk der Vereinsleitung nach wie vor auf leistungsorientiertem Sport mit allen Konsequenzen lag.

 

Nachdem sich die großen Namen im Kostheimer Radball Mitte der 80er Jahre immer mehr vom Spitzensport zurückzogen wurde es auf nationaler wie auf internationaler Ebene etwas ruhiger um den vom Erfolg verwöhnten Traditionsverein.

Im Landesverband spielten die Mannschaften weiterhin ihre ausgezeichnete Rolle und es konnten verschiedene Titel und Platzierungen im Jugend- und Aktivenbereich erzielt werden.

 

Im Jahr 1990 wurde innerhalb des Radsportvereines eine neue Abteilung für Radtouristik gegründet, deren Mitglieder mit großem Einsatz und Ehrgeiz an den Wertungsveranstaltungen teilnehmen und Jahr um Jahr ihre Auszeichnungen erhalten.  

 

Im Fünfer-Hallenradball versuchten die Kostheimer Radballer mit einer um Erwin Schmitt geformten Mannschaften aus Nachwuchsspielern und erfahrenen Sportlern anzuknüpfen, was mit dem Aufstieg in die Bundesliga im Jahr 1996 auch gelang. Nach zwei Jahren Bundesliga musste die Mannschaft aus der Klasse zurückgezogen werden, da einige Aktive sich vom Leistungssport zurückzogen und so die Substanz nicht mehr vorhanden war, auf hohem Niveau zu spielen.  

 

Bis zum Jahr 1996 hatte sich im 2er-Radball eine Nachwuchsmannschaft geformt, die endlich wieder Hoffnung aufkommen ließ, an alte Zeiten anzuknüpfen. Erik Bernais und Christian Heß wurden in eigener Halle Deutschland- Pokal Sieger U 23. 

Im darauffolgenden Jahr wurde der Aufstieg in die 2. Bundesliga knapp verpasst.

1998 erreichte Heß mit seinem jetzigen Partner Christian Schmitt den Aufstieg in die 2. Bundesliga, in Kostheim ging es auch auf nationaler Ebene wieder vorwärts. 

 

Radpolo, eine bis zu diesem Zeitpunkt in Kostheim kaum beachtete Hallenradsportart, hat sich mittlerweile auch im Radsportverein Kostheim etabliert. Nach einer Initiative von Axel Bernais, der schon seit Jahren als Schiedsrichter und Beauftragter dieser Sportart auf Bundesebene vertreten ist, wurde im Jahr 1999 diese neue Abteilung ins Leben gerufen.

Erstmals im Jahr 2003 qualifizierte sich hier die Schülermannschaft Katrin Barth/ Sandra

Knoblauch zur Ausscheidungsrunde für die Deutsche Meisterschaft.

  

Nach dem Vereinswechsel von Christian Heß, kam es in der Radball- Saison 2001 zu einem kaum zu vergleichenden Comeback in dieser Sportart. Erwin Schmitt, bis dahin immer noch aktiv und im Training, bildete mit seinem Sohn ein Team in der 2. Bundesliga. Bereits in der zweiten Saison erreichte man den sensationellen Aufstieg in die 1. Bundesliga, ein Novum, war doch Erwin Schmitt bereits 53 Jahre alt !

 

In der Zweier-Radball Saison 2003 hatte Kostheim seit fast 20 Jahren (!) wieder eine Mannschaft im Radball- Oberhaus am Start. Für Erwin Schmitt, der seine Laufbahn im Leistungssport auslaufen ließ, kam Torsten Schmidt vom RVW Naurod nach Kostheim und bildet mit Christian Schmitt die schlagkräftige Spitzenmannschaft des RSV Kostheim im Zweier-Radball. 

Trotz ansprechenden Leistungen musste man bald feststellen, dass die Vorbereitungszeit für ein erfolgreiches Abschneiden in der 1. Bundesliga doch zu kurz war. Für Schmidt/Schmitt bedeutete dies nach einem Jahr Zugehörigkeit den Abstieg aus der höchsten Spielklasse. Doch die Devise lautete sogleich, baldiger Wiederaufstieg. Ein Unternehmen, daß die beiden Spieler in den nächsten Jahren durch viele Höhen und Tiefen führen sollte.  

 

 

Das Jubiläumsjahr 2004 – die Herausforderung 

 

Ein Verein feierte seinen 100jährigen Geburtstag ! Für den Radsportverein Kostheim 1904 mit seiner relativ kleinen Mitgliederzahl eine riesige Herausforderung. Über ein Jahr an Planung und Vorbereitung des Festausschusses unter der Leitung von Johann Ratay waren nötig, um das Programm auf die Beine zu stellen.

Herausragende Ereignisse, neben der Ausrichtung diverser Einladungsturniere für Radball und Radpolo, sollten die Ausrichtung des Deutschlandpokal- Finales Radball 2004 sowie die Akademische Feier sein – vorweg – es wurden tolle Veranstaltungen, die jedem Gast und Beteiligten in ewiger Erinnerung bleiben werden.

 

Schon früh bewarb sich die Führung des Radsportvereins Kostheim 1904 um die Ausrichtung dieses zweitwichtigsten Wettbewerbes im Radball auf Bundesebene, dem Deutschlandpokal- Finale Radball 2004. Immerhin qualifizierten sich hier die besten Teilnehmer zur Teilnahme am Europacup.

Der Bund Deutscher Radfahrer schenkte den Mannen um Jürgen Henne sein Vertrauen und erteilte den Zuschlag.

Zur Freude aller Verantwortlichen und Anhänger des Vereins qualifizierten sich Torsten Schmidt und Christian Schmitt für das Finale. Seit langen Jahren griff eine Mannschaft des Radsportvereins wieder mal nach der begehrten Trophäe – und das vor eigenem Publikum !

 

Am 06. März war es dann soweit. Neben der Heimmannschaft hatten sich sieben Top-Teams aus Radball-Deutschland die Teilnahme gesichert. Unter der Schirmherrschaft der Oberbürgermeister von Mainz und Wiesbaden entwickelte sich bereits in der Vorrunde ein offener Schlagabtausch der Kontrahenten. Für die Abendveranstaltung hatten sich dann die Halbfinalisten Edersleben, Mz.-Hechtsheim, Krofdorf und Ginsheim qualifiziert. Torsten Schmitt und sein Partner Christian Schmitt fehlten zur Vorschlussrunde vier Sekunden. So knapp vor dem Abpfiff im Spiel gegen Waldrems kassierte man den Ausgleich und landete nur in einem der Platzierungsspiele. Letztendlich sprang für die Gastgeber der 6. Rang heraus.

In der Abendveranstaltung war das prächtig herausgeputzte Bürgerhaus in Kostheim eine würdige Austragungsstätte für das Finale, welches die Ausnahmemannschaft Edersleben gegen Krofdorf für sich entscheiden konnte. Gut 350 Zuschauer, darunter viele Prominenz aus Sport, Wirtschaft und öffentlichem Leben, sahen ein glanzvolles, hervorragend organisiertes Turnier.

Das die Siegertrophäe aus den Händen von BDR- Präsidentin Sylvia Schenk überreicht wurde, rundete den für den Radsportverein Kostheim 1904 denkwürdigen Tag ab. 

 

Das es auf einer Akademischen Feier nicht nur festlich-ernst zugeht, sondern durchaus auch Anekdoten und Geschichten die Gäste erheiterten, zeigte die Veranstaltung des Radsportverein Kostheim in der ersten Aprilwoche des Jubiläumsjahres.

Vor einem großartigen und reichhaltig dekorierten Bühnenbild fanden sich ca. 150 geladene Gäste ein, darunter zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und dem Vereinsleben. Unter der Schirmherrschaft von Frau Bundestagsabgeordneter Hannelore Rönsch machte auch der Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden, Hildebrand Diehl, seine Aufwartung und sprach sein Grußwort an den Jubiläumsverein. 

Johann Ratay führte souverän und mit viel Charme durch das Programm. Der musikalische Rahmen wurde durch das Johann- Strauss- Orchester unter der Leitung von Herbert Siebert gelegt, dessen Darbietungen das Publikum zu wahren Beifallstürmen hinriss.

Eine besondere Auszeichnung wurde dem Jubiläumsverein durch Oberbürgermeister Hildebrand gemacht, der die Goldene Stadtplakette an den Vorsitzenden Jürgen Henne überreichte. Der Kostheimer Ortsvorsteher, Herr Klaus Lenz, übergab dem Radsportverein, in Anerkennung seiner Verdienste, eine nagelneue Saalmaschine. 

In einem solch feierlichen Rahmen durfte natürlich auch die Ehrung verdienstvoller Mitglieder nicht fehlen. So erklärte Jürgen Henne die Sportler Wolfgang Flackus, Klaus Bernais, Erwin Schmitt, Klaus Schneider und Emil Weyer zu Ehrenmitgliedern des Radsportvereins Kostheim. Diese besondere Ehre wurde auch dem langjährigen Mitglied Frau Hilde Bernais unter großem Beifall der Anwesenden zuteil.  

Nach weiteren Redebeiträgen durch Klaus Schütz, den Leiter des Stadtarchivs Mainz, und Annegret Kracht, Vorsitzende des Vereinsringes, reihten sich die Abordnungen der Vereine in die Schar der Gratulanten ein.

Den Abschluss einer gelungenen und außergewöhnlichen Akademischen Feier bildete, bei schwungvoller Musik des Johann- Strauss-Orchesters, das durch viele fleißige Helfer aufgebaute Buffet. Noch lange nach dem offiziellen Teil saßen die Gäste gutgelaunt beisammen und feierten den Ehrentag des Radsportverein Kostheim 1904.

 

Neben verschiedenen Einladungsturnieren im Jubiläumsjahr wurde auch in 2004 das Ernst- Flackus-Gedächtnis-Turnier wieder aufgelegt. Zur Ehrung des langjährigen und viel zu früh verstorbenen Ersten Vorsitzenden wurde ein erlesenes Teilnehmerfeld zusammengestellt. In dem hochklassigen Turnier behielten Lars Wegmann und Thomas Abel (Iserlohn/Krofdorf) die Oberhand und nahm die Ehrenpreise entgegen.  

 

 

 

Mit neuem Schwung in die Zukunft

 

In der Radballabteilung peilte man 2004 mit dem Team Torsten Schmidt und Christian Schmitt den Wiederaufstieg ins Radball-Oberhaus an. Nach überzeugenden Leistungen in der 2. Bundesliga Nord erreichte das Kostheimer Erfolgs- Duo mit dem ersten Platz das Aufstiegshalbfinale. Doch hier war diesmal Endstation, der Traum vom sofortigen Wiederaufstieg war ausgeträumt.

 

Wesentlich erfolgreicher verliefen  für die Radpolo-Abteilung die letzten Jahre. Es gelang erstmals mit dem Duo Sandra Knoblauch und Katrin Barth die Teilnahme an der Deutschen Schülermeisterschaft in Moers. Mit einem 5. Rang wurden die Erwartungen deutlich erfüllt.

Überhaupt wurden die beiden jungen Polospielerinnen zum Aushängeschild des Radsportvereins Kostheim 1904. Denn in den Jahren 2005, 2006 und 2007 erreichte man jeweils das Finale der Deutschen Meisterschaft im Radpolo der Schüler- und Jugendklasse und schloss mit zwei 5. und einem 4. Platz ab. Längst sind die beiden Spielerinnen auch auf Bundesebene etabliert und anerkannt.

Überhaupt arbeitete die Radpolo-Abteilung in den letzten Jahren sehr erfolgreich. Seit Jahren werden Titel auf Landesebene in den Schüler- und Jugendklassen eingefahren. 

Erstmals traten mit Kerstin Neuburger und Uta Proksch zwei aktive Spielerinnen des RSV Kostheim in der 2. Radpolo-Bundesliga an. Nur durch das Verletzungs-Handicap von Uta Proksch stieg das Duo in der Saison 2006 direkt wieder ab in die Hessenliga. Corinna Nicklas und Jennifer Gromotka schafften 2007, als Hessenmeister in der Aktivenklasse, den Sprung in die 2. Polo- Liga.

Im Schatten der etwas älteren Spielerinnen entwickelte sich klammheimlich mit Jasmin Haas und Melanie Schmidtlehner eine ganz starke Nachwuchsmannschaft. Erstmals im Jahr 2007 gelang die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft in Duderstadt und sie verpassten mit dem 4. Rang ganz knapp den Platz auf dem Treppchen.

Aber auch bei den Radballern ging der Sport auf hohem Niveau weiter. Nach dem verpassten Wiederaufstieg rappelten sich Schmidt/Schmitt erneut auf und starteten den nächsten Anlauf Richtung 1. Liga. Das Finale im Rahmen der Deutschen Meisterschaft 2005 in Bad Salzuflen sollte eine erfolgreiche Saison krönen. Leider sollte es auch hier wieder nicht sein – denkbar knapp unterlag das RSV- Team der Konkurrenz.

Im Jahr darauf versuchte sich Christian Schmitt mit einem neuen Partner, was verletzungsbedingt aber nicht gut ging. Unter Einsatz von Torsten Schmidt und Erwin Schmitt gelang nochmals eine Top- Platzierung in Liga zwei, im Halbfinale um den Aufstieg wieder das alte Bild – knapp scheiterte man am großen Wurf.

Im Jahr 2007 verabschiedete sich der RSV Kostheim aus dem Radballunterhaus. Mit seinem Partner Rene Brück musste Christian Schmitt den Gang in die Oberliga Hessen antreten. Doch auch hier gilt wieder der unermüdliche Ausblick in die Zukunft. Dass es in der Abteilung Radball erfolgreich weitergehen wird, dafür sorgt Erwin Schmitt. Unter seiner Betreuung setzt sich das Nachwuchskaderteam Lars Grebe und Sebastian Müller immer besser in Szene und gewann auf nationaler Ebene durch Siege bei sehr gut besetzten Turnieren an Beachtung.

 

Kostheim hat wieder einen Radballweltmeister ! Christian Hess, einstmals erfolgreicher Spieler beim RSV holte mit seinem Partner Thomas den Titel beim WM- Turnier 2006  in Chemnitz. Christian Hess, der als Schüler in Kostheim das Radballspiel erlernte und erste Erfolge einfuhr, spielt mit seinem Partner mittlerweile beim RV Mainz- Hechtsheim, Parallelen zeigen sich auf zu der Weltklassemannschaft Flackus/Bernais. Mit der Titelverteidigung bei der Weltmeisterschaft 2007 in Winterthur/Schweiz reiht sich der Kostheimer Christian Hess in die lange Reihe erfolgreichster Radballspieler ein.

 

Voller Erwartungen starteten die Sportler 2008 in ihre Wettbewerbe. Verletzungspech sorgte dafür, dass die Radball-Oberligamannschaft Schmitt/Brück die Hälfte der Spielrunde ausfiel und sich zum Saisonabschluss auf einem Abstiegsplatz wiederfand. Besser machten es die Newcomer Grebe/Müller, die sicher den Landesmeistertitel im Jugendbereich einfuhren. Erst im Halbfinale zur Deutschen Meisterschaft dann das Aus – das berühmte Quäntchen Glück fehlte im letzten, entscheidenden Spiel.

Erfolgreicher waren die jungen Damen der Radpoloabteilung. Nachdem Katrin Barth und Sandra Knoblauch im Vorjahr bei der Deutschen Meisterschaft nur am Treppchen kratzten, gelang in Eich/RLP der Gewinn der ersehnten Medaille – es wurde Bronze – bei den Juniorinnen.

Da wollten Melanie Schmidtlehner und Jasmin Haas bei der DM in Gutach natürlich mitziehen. Auch ihnen gelang, für die Fachleute überraschend, ebenfalls der Gewinn der Bronzemedaille bei den Schülerinnen. Den beiden Teams wurde nach Abschluss der Saison eine kleine Feierstunde gewidmet, in der nicht nur der Vereinsvorstand seine Glückwünsche aussprach, sondern auch der Bezirksvorsitzende des Radsportbezirkes Nassau, das langjährige Mitglied des RSV Kostheim, Johann Ratay, lobende Worte fand. Er wurde zu Beginn des Jahres von der Hauptversammlung zum ersten Mann im Bezirk gewählt.

 

Der Kostheimer Radballweltmeister Christian Hess erreichte mit seinem Teampartner Thomas Abel, mittlerweile erstmals Deutscher Meister, bei der Hallenradsport-WM 2008 in Dornbirn/AUT in einem furiosen Turnier den Vizeweltmeistertitel und rundete damit seine überaus erfolgreiche Laufbahn ab. Christian Hess (mit Thomas Abel) hatte in den letzten vier Jahren alle Titel eingebracht, die im Radball zu vergeben waren.

 

Die lange Tradition erfolgreicher Bundesligaschiedsrichter versuchen die Sportler Adam Barth und Rainer Nicklas fortzusetzen. Nach den bekannten, ehemaligen Referees Hans Rudolf, Emil Weyer und dem noch aktiven Axel Bernais beteiligen sich die beiden fortan 

an den Radball- und Radpolowettbewerben auf Bundesebene.

 

Voll mit Hoffnung, stolz über dass Erreichte im alten Jahr, blicken die Sportler und Vereinsverantwortlichen auf das Jahr 2009. Im Vertrauen auf den Nachwuchs rechnet man sich Chancen aus, auch in der neuen Saison wieder ganz vorne anzukommen. Gespannt darf man auf die Weiterentwicklung im Radball sein, wo Grebe/Müller den Sprung in den nationalen C- Kader geschafft haben.

 

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